Report cover - Zusammenfassung der Prädiktoren und Auswirkungen der Klassenwiederholung

Zusammenfassung der Prädiktoren und Auswirkungen der Klassenwiederholung

Report - Alternatives for Grade Retention (AlteR)

Joana Pipa, Janneke Pepels, Sérgio Gaitas, Mieke Goos, Francisco Peixoto, Barbara Belfi, Fabian Meissner Florian Klapproth
In Europa werden viele Schüler zurückgestellt. In diesem Bericht werden die Prädiktoren und Auswirkungen der Klassenwiederholung in den 37 Ländern des Eurydice-Netzes anhand einer Literaturübersicht und einer Sekundäranalyse der PISA/TALIS-Daten untersucht, um die Unwirksamkeit und Ungerechtigkeit dieser Praxis aufzuzeigen.
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Open Access

DOI: 10.26481/mup.rep.alter.2502.de

The content of this work is licensed under a Creative Commons BY-NC 4.0 International License.

© 2025 AlteR | Maastricht University

Description

Viele europäische Länder verlassen sich auf die Klassenwiederholung, um schwache Schülerleistungen zu bekämpfen, obwohl seit langem eine Debatte über die Unwirksamkeit und Ungerechtigkeit dieser Praxis geführt wird. Der vorliegende Bericht konzentriert sich auf die Prädiktoren und Auswirkungen der Klassenwiederholung in den 37 nationalen Einheiten, die im Jahr 2023 Teil des Eurydice-Netzes sind (darunter 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und 10 assoziierte Staaten). Zwei sich ergänzende Ansätze wurden verwendet, um Einblicke in diese Prädiktoren und Auswirkungen zu gewinnen: eine systematische Literaturrecherche und eine Sekundäranalyse von Daten aus den internationalen PISA- und TALIS-Studien 2018.

Was die Auswirkungen des Klassenwiederholung in Europa betrifft, so scheint unsere Literaturübersicht darauf hinzudeuten, dass die Auswirkungen insgesamt leicht negativ sind, wobei das Gesundheitsverhalten und die Schullaufbahn der Schüler am stärksten und das psychosoziale Funktionieren der Schüler am wenigsten beeinträchtigt werden. Europäische Wiederholer scheinen im Vergleich zu ihren beförderten Mitschülern schlechtere Leistungen zu erbringen (in Bezug auf Noten, standardisierte Testergebnisse usw.), mehr Drogen zu konsumieren, häufiger elektronische Geräte zu benutzen, ein höheres Risiko für späteren Klassenwiederholung, Schulmobilität, Einstufung in eine Sonderschule, Schulabbruch und Nichtaufnahme eines Hochschulstudiums zu haben sowie geringere Beschäftigungsmöglichkeiten und niedrigere Löhne. Insgesamt deutet dies daraufhin dass die Beibehaltung der Klassenwiederholung weniger wirksam ist, als von den europäischen Bildungspraktikern oft angenommen oder erhofft wird.

Was die Prädiktoren für den Klassenwiederholung in Europa betrifft, so scheinen sowohl unsere Literaturübersicht als auch unsere Sekundäranalyse der PISA/TALIS-Daten zu zeigen, dass mehrere Merkmale auf Schüler-, Klassen- und Schulebene zusammen auf komplexe und länderspezifische Weise eine Rolle spielen. Insgesamt scheinen die größeren Chancen für einen Klassenwiederholung auf der Schülerebene zu liegen. Genauer gesagt scheinen nach unserer Literaturübersicht einige Lernfaktoren (d. h. frühere Leistungen und Einstellungen), einige Hintergrundfaktoren (d. h. Alter und SES) und einige psychologische Faktoren (d. h. Wohlbefinden, Selbstkonzept und Verhalten) eine Rolle zu spielen. Eine größere Wahrscheinlichkeit für eine Klassenwiederholung scheint jedoch auch (zumindest teilweise) auf der Ebene der Klasse zu liegen. Insbesondere scheinen sowohl nach unserer Literaturübersicht als auch nach unserer Sekundäranalyse der PISA/TALIS-Daten ein Merkmal des Klassenumfelds (d. h. das Lernumfeld), ein Merkmal des Lehrerhintergrunds (d. h. die Überzeugungen der Lehrer in Bezug auf den Notenerhalt) und ein Merkmal der Unterrichtsqualität (d. h. die Förderung des Leseengagements der Schüler durch die Lehrer) in Bezug auf den Klassenwiederholung von Bedeutung zu sein, im Gegensatz zur Klassenzusammensetzung, die keine Rolle zu spielen scheint. Schließlich scheint eine höhere Wahrscheinlichkeit des Klassenwiederholung auch mit spezifischen Schulmerkmalen zusammenzuhängen. Genauer gesagt scheinen nach unserer Sekundäranalyse der PISA/TALIS-Daten einige Merkmale der Schulzusammensetzung (d. h. Schulgröße, Schulressourcen in Bezug auf den Mangel an Lehrkräften, die ethnische Zusammensetzung der Schule und der Anteil der Schulabbrecher) und einige schulpolitische Merkmale (d. h. Unterrichtspolitik und insbesondere die Verwendung von Schülerbeurteilungsdaten) mit dem Klassenwiederholung zusammenzuhängen, aber keine Merkmale des Schulumfelds. Dies wirft ein Licht auf potenzielle Möglichkeiten zur Verringerung der Klassenwiederholungshäufigkeiten in Europa. So könnten die Schulen beispielsweise zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um durch eine bessere Überwachung des Lernfortschritts der Schüler die Schüler, bei denen das Risiko besteht, dass sie Lernschwierigkeiten und psychische Probleme entwickeln, früher zu erkennen. Die Schulen könnten auch von der Förderung eines angenehmen Lernklimas (gekennzeichnet durch Zusammenarbeit, starke soziale Beziehungen und konfliktfreie Schüler-Lehrer-Beziehungen), der Infragestellung der Überzeugungen der Lehrkräfte hinsichtlich der Effektivität des Klassenwiederholung und der Unterstützung der Lehrkräfte bei ihren pädagogischen Lesepraktiken profitieren.

Schließlich könnten die Schulen auch darüber nachdenken, den Zweck der Verwendung von Schülerbeurteilungsdaten zu ändern (vorzugsweise interne Qualitätskontrolle statt Entscheidungsfindung für den Klassenerhalt). Eine Änderung der Zusammensetzung der Schule, z. B. in Bezug auf die ethnische Zugehörigkeit, könnte sich als (zu) schwierig oder sogar unmöglich erweisen. Ein erster Schritt ist es jedoch, sich die Auswirkungen vor Augen zu halten, z. B. die Ungerechtigkeit, die sich daraus ergibt, dass ein Schüler in einer Schule mit hoher ethnischer Vielfalt andere Chancen hat, die Klasse zu wiederholen, als in einer Schule mit geringer ethnischer Vielfalt.

Publication details and metadata

Title
Zusammenfassung der Prädiktoren und Auswirkungen der Klassenwiederholung

Original title
Summary of predictors and effects of grade retention in Europe

Institution
Alternatives for Grade Retention – AlteR – Network funded by the European Commission

Authors

  • Joana Pipa (ORCID) – Ispa-Instituto Universitário (ROR)
  • Janneke Pepels (ORCID) – Maastricht University (ROR)
  • Sérgio Gaitas (ORCID) – Ispa-Instituto Universitário (ROR)
  • Mieke Goos (ORCID) – School for Educational Sciences of UHasselt (ROR)
  • Francisco Peixoto (ORCID) – Ispa-Instituto Universitário (ROR)
  • Barbara Belfi (ORCID) – Maastricht University (ROR)
  • Fabian Meissner – Medical School Berlin (ROR)
  • Florian Klapproth (ORCID) – Medical School Berlin (ROR)

DOI (digital version)
https://doi.org/10.26481/mup.rep.alter.2502.de

Copyright and licensing
© 2025 AlteR – CC BY-NC
The content of this work is licensed under a Creative Commons BY-NC 4.0 International License.

Access to this publication 

Publication Type and Language
Report – German – Version 1

Publication date
6 March 2025

Subject

Keywords
Klassenwiederholung, Wiederholung der Klassenstufe, eine Klassenstufe wiederholen, Prädiktoren, Auswirkungen, Literaturübersicht, Sekundäranalyse, PISA/TALIS, Eurydice, Europa

Related works and translations

  • Summary of predictors and effects of grade retention in Europe
  • Résumé des facteurs prédictifs et des effets du redoublement en Europe

Citation for this work
Pipa, J., Pepels, J., Gaitas, S., Goos, M., Peixoto, F., Belfi, B., Meissner, F., & Klapproth, F. (2025). Zusammenfassung der Prädiktoren und Auswirkungen der Klassenwiederholung. Maastricht University Press. https://doi.org/10.26481/mup.rep.alter.2502.de

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